Inland

SPD zum Klimaschutzgesetz: „Es darf kein Gramm mehr CO2 ausgestoßen werden“

Mit der Reform des Klimaschutzgesetzes schafft die Bundesregierung mehr Verbindlichkeit beim Klimaschutz, sagt SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Kritik an der Aufgabe der Sektor-Ziele weist er zurück. „Verkehrsminister Volker Wissing wird sich auch in Zukunft nicht aus der Verantwortung stehlen können“, sagt er.

von Kai Doering · 26. April 2024
Kohlekraftwerk im nordrhein-westfälischen Grevenbroich: „Mit dem Klimaschutzgesetz regeln wir verbindlich, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.“

Kohlekraftwerk im nordrhein-westfälischen Grevenbroich: „Mit dem Klimaschutzgesetz regeln wir verbindlich, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.“

Am Freitag hat der Bundestag die Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Die Ampel spricht von einem „starken Update“. Was wird mit der Reform verbessert?

Mit dem Klimaschutzgesetz regeln wir verbindlich, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Die SPD hat es in der letzten GroKo gegen den erbitterten Widerstand der Union durchgesetzt. Nun kommt das erste große Update für das Gesetz: Künftig richten wir den Blick nach vorne. Wir betrachten Klimaschutz ganzheitlich und über mehrere Jahre hinweg. Gleichzeitig schaffen wir mehr Verbindlichkeit. Und ganz wichtig: Durch das Update darf kein Gramm mehr CO2 ausgestoßen werden als nach dem bisherigen Gesetz.

Umweltverbände, aber auch Wirtschaftsvertreter*innen kritisieren die Aufgabe der sogenannten Sektorziele. Wenn also etwa der Verkehrsbereich – wie zurzeit – die Klimaziele nicht erfüllt, kann das künftig rechnerisch durch einen anderen Bereich ausgeglichen werden. Warum ist das sinnvoll?

Nach der Novelle muss die Bundesregierung bereits im ersten Jahr einer Legislaturperiode ein umfassendes Klimaschutzprogramm beschließen. Dabei müssen selbstverständlich auch die Problemsektoren ihren Teil zu beitragen. Verkehrsminister Volker Wissing wird sich auch in Zukunft nicht aus der Verantwortung stehlen können. Gleichzeitig müssen wir uns eingestehen, dass es kurzfristig einfacher und auch kostengünstiger sein kann, die Emissionen etwa im Energiebereich zu senken: Ein Windrad spart sofort CO2. Ein breit akzeptierter Umbau unseres Verkehrssystems, ist da deutlich anspruchsvoller. Eine Ladesäule ist Grundlage der E-Mobilität, senkt aber noch lange nicht den CO2 Ausstoß. Darum ist es sinnvoll, hier mehr Flexibilität zu schaffen. 

Verringert das nicht den Druck auf besonders ausstoßintensive Sektoren, sich um mehr Klimaschutz zu kümmern?

Nein, ganz im Gegenteil. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen haben wir europarechtliche Vorgaben in unser deutsches Klimaschutzgesetz integriert. Damit schaffen wir deutlich mehr Verbindlichkeit. In der Vergangenheit hatte das Parlament keine Handhabe, wenn sich ein Minister weigert, ein Sofortprogramm zu beschließen. Künftig drohen durch das Europarecht hohe zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe und ein Vertragsverletzungsverfahren mit Strafzahlungen, wenn die Sektoren, die nicht dem Emissionshandel unterfallen, ihre Klimaziele nicht erfüllen. Deutschland und die anderen EU-Mitgliedsstaaten müssen der EU-Kommission jedes Jahr über die Entwicklung ihres CO2-Ausstosses berichten. Bei Zielverfehlung kann die EU-Kommission zusätzliche Maßnahmen einfordern. Dadurch wird der Handlungsdruck erhöht.

Die FDP geht bereits davon aus, dass ab 2028 keinerlei nationale Klima-Vorschriften mehr notwendig sein werden, weil dann der europäische Emissionshandel das Erreichen der Klimaziele sicherstellt. Halten Sie das für realistisch?

Hier muss man die Frage stellen welche Konsequenzen das haben würde. Wer einzig darauf setzt, dass ein hoher CO2-Preis beziehungsweise der Emissionshandel die Sache schon regelt, würde eine Politik machen, bei der sich viele Menschen das Autofahren, Reisen und Heizen nicht mehr leisten können, weil sie zum Verzicht gezwungen werden. Solch eine Politik ist für die Gesellschaft toxisch und für die SPD absolut keine Option.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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1 Kommentar

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am So., 28.04.2024 - 06:21

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Das Thema Klima, immer wieder als DRINGEND ettikettiert, ist im gegenseitigen Ueberbietungswettbewerb der Parteien im Hinblick auf das eigene Waehlerpotential Anfaellig fuer Fehleinschaetzungen. Das Thema ist nicht kurzfristign dringend aber WICHTIG auf sehr lange Sicht. Es wird nicht gelingen, wenn durch immer staerkere Beschraenkungen - die FDP moechte ueber Klimaabgaben nur noch reiche Leute im Urlaub sehen waehrend der kleine Buerger wieder in den Harz faehrt - die Waehler abspenstig gemacht werden und stattdessen das "kleinste Uebel" diesbezueglich waehlen, naemlich afd! MAn unterhalte sich bitte an der Supermarktkasse mal ueber Klimakosten so allgemein. Aufschlussreich und aus meiner Sicht berechtigt: Claudia Kemfert sollte sich auch besser einen anderen Job suchen: Immer nur Verzicht, Druck - aber Steuern zahlen und im Oeffi, mit unangenehemn Leuten, im Winter niesend u. hustend, dem Klima zuliebe an Orte zu fahren wo man nicht hinmoechte, Individyualverkher nur mit teueren E-Autos fuer "teure" Aerzte, Anwaelte, ausbeuterische Unternehmer, Kirchenfuersten und Politiker - das war jetzt REWE-Kasse in West-D, wie wird es beim ALDi sein? Die Demokratie zum Preis fuer Klima-Lebens-Einschraenkungen vor den rechten PArteien retten? Gestern noch fand ein Mann vor mir beim Anblick des Spiegel-Titelbildes, ich paraphrasiere als "afd = Verraeter", extra so hingestellt, das man es sehen musste, er wuerde afd waehlen wegen dem ueblichen Migrationsthema, Klima = teuer usw. Die vermutlich russ. Aussiedlerin vor mir auch, denn auf meinen Meuthen-Scherz hin "afd-Spitzelkandidat" schaute sie missbilligend in meine Richtung und fragte "was?". Wenn teure Heizung, teures Auto und Ausschluss vom Flugverkehr mit der angeblichen Dringlichkeit des Klimathemas als Unterdrueckung wahrgenommen wird, gehen besonders im Osten die Waehler zu den PArteien mit den geringsten Klimakosten - MAGA laesst gruessen. Die zunehmend aggressiv auftretenden fossilen Diktaturen (China macht den meisten Dreck und fischt die Meere leer, pluendert Afrika aus, Putin greift an) werden mit den zuverlaesigen fossilen Energietraegern ohnehin langfrisitg militaerisch ueberlegen. Erneuerbare Energie ausbauen, aber fossile aus zuverlaessigkeitsgruenden immer beibehalten muessen bedeutet mehr Kosten aber auch mehr Moeglichkeiten - aber bitte nicht mit der Brechstange. Fahrrad fahren will ich als Rentner auch nicht mehr, das geht auf die Knochen, aoll doch bitte Claudia Kemfert das machen, die ist juenger als ich - ich moechte Benziner oder Diesel fahren und nach Spanien u. Indonesien fliegen. PUNKT! FDP, Gruene? SPD als Kleineleutepartei hier aufstellen? Der Buerger waehlt oftmals wg. der Brieftasche.