Inland

Bauernproteste: Wie legal ist das Vorgehen der Landwirte?

Bei den Bauernprotesten wurden teilweise Straßen und Autobahnauffahrten blockiert. Was war dabei legal und was war rechtswidrig?

von Christian Rath · 8. Januar 2024
Bauernproteste vor dem Brandenburger Tor in Berlin

Bauern aus dem gesamten Bundesgebiet demonstrierten am Montag u.a. vor dem Brandenburger Tor in Berlin

Dass sich viele Politiker mit den protestierenden Bauern solidarisierten, hat keine rechtlichen Folgen. Denn für die Rechtmäßigkeit einer Aktion ist ihr Ziel unerheblich. Die Versammlungsfreiheit gilt grundsätzlich für Inhalte jeder Art. Eine illegale Aktion wird nicht dadurch rechtmäßig, dass viele das Anliegen nachvollziehen können. 

Welche Inhalte sind strafbar?

Umgekehrt schützt die Versammlungsfreiheit aber gerade auch diejenigen, die sich für unpopuläre Inhalte einsetzen. Es ist auch unerheblich, ob sich Verfassungsfeinde an den Aktionen beteiligen und ihre Parolen zeigen. Auch Rechtsextremisten haben Grundrechte und dürfen demonstrieren. 

Die Grenze ist jedoch erreicht, wenn es um Straftaten geht. Wer mit einem „Tötet Özdemir“-Schild zur Ermordung des Landwirtschaftsministers aufruft, macht sich wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten selbst strafbar. Es droht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. 

Ein einzelnes strafbares Schild macht aber nicht die gesamte Demonstration illegal. Vielmehr müssen die Demo-Ordner dafür sorgen, dass solche strafbaren Schilder verschwinden. Notfalls muss die Polizei einschreiten.  

Welche Formen sind strafbar?

Öfters waren auf den Bauern-Protesten Galgen zu sehen. Hier ist die Beurteilung nicht so eindeutig. Hängt am Galgen eine rot-gelb-grüne Ampel, wird damit wohl eher ein Ende der Koalition gefordert, als die Hinrichtung konkreter Politiker*innen. Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass mehrdeutige Äußerungen im Zweifel so ausgelegt werden, dass sie nicht strafbar sind. 

Strafbar kann allerdings nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form der Kundgebung sein. So ist eine Straßenblockade in der Regel auch dann eine strafbare Nötigung, wenn sie Aufmerksamkeit für einen politischen Zweck schaffen soll. Die Klima-Aktivisten der Letzten Generation wurden deshalb in den letzten zwei Jahren hunderte Male zu Geldstrafen verurteilt, manchmal sogar zu Freiheitsstrafen.

Traktorenkorso kontra Blockade

Anders sieht es aus, wenn die Meinungskundgebung im Vordergrund steht und die Behinderung des Verkehrs nur eine notwendige Nebenfolge ist. Offiziell hat der Bauernverband nämlich nicht zu „Blockaden“ aufgerufen, sondern zu „Traktorenkorsos“ und „Kolonnenfahrten“, die er auch ordentlich bei den Behörden anmeldete. 

Die Bauern können sich dabei auf das Selbstbestimmungsrecht berufen. Wer eine Kundgebung veranstaltet, kann grundsätzlich selbst entscheiden, wann, wo und wie demonstriert werden soll. Dass Bauern mit ihren Traktoren demonstrieren, ist also ihr gutes Recht, auch wenn das zu massiven Verkehrsbehinderungen führt. 


Wohl eher informell war aber oft auch von „Blockaden“ die Rede, insbesondere an Autobahnzufahrten. In Mecklenburg-Vorpommern hat das Innenministerium deshalb nach einem Kooperationsgespräch den Bauern die eindeutige Auflage gemacht: Die Versammlungen dürfen lediglich „an den“ Auffahrten zu den Bundesautobahnen stattfinden. „Die Nutzung der Auffahrt muss jederzeit gewährleistet sein.“

Feine Unterschiede

In Sachsen war man weniger streng. Dort wurden auch zeitweise Blockaden der Autobahn-Auffahrten erlaubt. In bestimmten Abständen - je nach Verkehrsaufkommen vor Ort - sollte jedoch der Autoverkehr durchgelassen werden. Feuerwehr und Krankenwagen sollten zudem stets passieren können. 
Auch in Brandenburg gab es eine Intervall-Vorgabe. Danach waren die Autobahn-Auffahrten „alle 30 Minuten für jeweils 30 Minuten freizugeben“. Gegen diese Auflage klagten die Bauern jedoch mit Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschied am Samstag, dass die Bauern die Autobahnzufahrten auch stundenlang blockieren dürfen. Die Autofahrer müssten nicht unbedingt die Autobahn benutzen und könnten ihr Ziel auch auf anderen Straßen erreichen. So großzügig war der Umgang der Gerichte mit der „Letzten Generation“ bisher in der Regel nicht. 

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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11 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 09.01.2024 - 09:12

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Schön daß wir in diesem Artikel über die juristische Sachlage bei den Bauernprotesten, gilot wohl auch für andere Proteste, aufgeklärt werden. Bauern werden kujoniert durch Lebensmittelkonzerne, windschiefe Umweltauflagen, Veterinärämter und nicht zu vergessen durch die EU-Bürocrazy - alles andere als das ländliche Idyll. Zur Erntezeit gibt es 14 Arbeitsstundentage, Trockenheit, Hochwasser und dann auch noch Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
In Zeiten in denen Profitable Konzrne wir Intel, Infenion, Tesla etc. etc. Milliardensch

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Di., 09.01.2024 - 15:41

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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Lieber Armin,
Deine Ausführungen kann ich, wie auch in meinem Kommentar angedeutet, voll und ganz unterstützen, da ich aus einer landwirtschaftlichen Familie stamme, die Probleme hautnah kenen gelernt habe.
Doch schon damals hat Adenauer gesagt: "Für die Bauern brauchen wir nichts zu tun, die wählen uns sowieso". Und so ging es bei späteren CDU/CSU geführten Regierungen weiter, obwohl bereits die erste Brandt-Regierung mehr für die Bauern, insbesondere bei den Verhandlungen der damaligen EWG, getan hat als deren Vorgänger.
Vor allem sollte untersucht werden, wer die Hauptempfänger der Agrar-Subventionen sind, nämlich insbesondere die Konzerne, die mit ihrer Preispolitik die kleinen und mittleren Landwirtschaftsbetriebe zerstören. Und bei diesem Problem ist die Regierung ernsthaft gefordert, aber hier wird die FDP sicherlich wieder blockieren.
Nachträglich noch alles Gute im Neuen Jahr.
Peter Boettel

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Di., 09.01.2024 - 09:50

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Es handelt sich um ein zweischneidiges Schwert: Denn natürlich sind Proteste verfassungsgemäß erlaubt, wenn sie nicht gegen bestimmte Regeln verstoßen. Aber wie am 08.01.2024 festzustellen war, haben Rechtsextreme vielfach diese Proteste für ihre Zwecke genutzt, und Rukwied hat erst mehrere Tage nach der Ankündigung der AfD zu einer Distanzierung gefunden. Auch mutet es seltsam an, dass der Bauernverband nicht gegen die Politik frühere Regierungen seiner Parteifreunde demonstriert hat, die viele Probleme der Landwirte verursacht haben.
Denn die Schere der Erzeugerpreise und Verbraucherpreise geht immer weiter auseinander, weil den Bauern im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen die Preise für ihre Produkte von den Abhnehmern bestimmt werden. Auch haben sich Berufsgruppen von den Protesten distanziert, was in den Medien nur vereinzelt bericht wird:
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/bauernprotest-bau….
Schließlich sollte die Politik ihre Subventionen an die tatsächlichen Bauern und nicht an Großmästereien und Geflügelhalter, die von den Konzernen als Abschreibungsobjekte gehalten werden, zahlen.

Gespeichert von Elias Hallmoser (nicht überprüft) am Di., 09.01.2024 - 12:38

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Bauern haben ein ernsthaftes und konkretes Anliegen an die Bundesregierung, denn ihre berufliche Existenz wird durch Massnahmen der Bundesregierung direkt bedroht und damit auch unsere Lebensmittelversorgung.

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mi., 10.01.2024 - 06:41

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höre mir das nun schon mehr als 60 Jahre an. Es geht heute in der Landwirtschaft durch nicht mehr zu , wie seinerzeit im Märzen, als der Bauer die Rößlein anspannte. heute werden Windmühlen und PV-Anlagen auf die Flächen gestellt, der Bauer verdient sich eine goldene Nase mit leistungslosem Einkommen, nur weil ihm die Flächen gehören. Dazu dann auch noch Subventionen für völlig überdimensionierte, umweltschädliche und gar nicht mehr benötigte Geräte? Wer pflügt denn nennen den PV Anlagen? Niemand- da laufen nur Schafe und Ziegen drum herum und halten das Gras kurz

Gespeichert von Hansjörg Jacobs (nicht überprüft) am Mi., 10.01.2024 - 16:44

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Ich habe kein bisschen Verständnis für die ganzen Proteste der Bauern. Wenn ein Gewerbliches Unternehmen zu fast 50 % von Subventionen lebt, dann ist da von vornherein etwas falsch. Sich nun über einen ( aus meiner Sicht) kleinen Abbau dermaßen aufzuregen und die Menschen, welche durch ihre Steuern diese Subventionen erst möglich machen, in kollektive Haft zu nehmen, ist eine riesige Schweinerei.
Ganz vergessen wird von den Bauern auch ( so wie von der Opposition) wer den in den letzten 16 Jahren die Landwirtschaftspolitik zu verantworten hat!? Das waren doch die Damen und Herren der CDU/CSU!!!!
Wo waren denn da die Proteste und Straßensperren?
Und sind das nicht die gleichen Leute die sich über Blockaden der Klimaaktivisten aufregen und alle am liebsten in den Knast stecken wollen?
Mich ärgert dieses Bauerntheater unendlich.
Ich hoffe, die Politischen Parteien der Ampel geben keinen Millimeter nach.. egal wie laut diese Leute schreien

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Do., 11.01.2024 - 10:44

Antwort auf von Hansjörg Jacobs (nicht überprüft)

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gar herabließ, die Agrarpolitik zur Chefinnensache zu machen, hier exemplarisch nachzulesen.

https://www.agrarheute.com/politik/frust-bauern-merkel-laedt-erneut-agr…

Alle haben Sie immer die Bauern gehätschelt und so die Begehrlichkeiten geweckt, deren Entzug wie bei Drogensüchtigen oder in anderen Beispielsfällen, -es gibt ja auch anderenorts Streichungen- z.B die Mövenpick Episode des Genossen Westerwelle- dann derartige Schmerzen verursachten. Dazu werden wohl weitere folgen, wenn wir nicht endlich die Schuldenaufnahme vereinfachen, so dass sichergestellt ist, dass immer und überall soviel Geld vorhanden ist, wie gerade benötigt wird

Gespeichert von Elias Hallmoser (nicht überprüft) am Do., 11.01.2024 - 12:25

Antwort auf von Hansjörg Jacobs (nicht überprüft)

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Sobald man noch massivere Preissteigerungen bei den Lebensmitteln hat, kann man das Geschrei der Bürger hören. Denn sie müssen sich dann stark einschränken, oder teure Lebensmittel aus fremden Ländern kaufen. Lebensmittel aus Deutschland werden sie dann nahezu nicht mehr bezahlen können. Die tatsächlichen oder auch nur angeblichen Subventionen [steuerlich günstiger Agrardiesel] in der Landwirtschaft sind übrigens eine Folge der gemeinsamen Märkte in der EWG-EG-EU.

vorausgesetzt, wir halten Stand bei der Aufrechterhaltung des Sozialleistungsniveaus, dass heisst die steigenden Kosten müssen begleitet werden durch entsprechenden Sozialausgleich. Wie bei den Mieten: Steigen die Mieten, steigt das Wohngeld- also: wo bitte ist das
Problem?

Gespeichert von Matias Leão Ra… (nicht überprüft) am Fr., 09.02.2024 - 16:12

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Bauernproteste haben sich noch nie großer Beliebtheit erfreut. Nicht nur der Widerstand im Wendland [Republik Freies Wendland] waren von großen Polizeiaufgeboten begleitet, sondern auch schon Martin Luther sah sich gezwungen, sich zu den damaligen Bauernaufständen zu äußern. Legal wäre es allerdings, wenn sie ihre Nutzfahrzeuge nicht zweckentfremden würden. Die Nutzung von Traktoren mag grundsätzlich, bzgl. einer ordnungsgemäßen Anzeige einer Demonstration und keiner weiteren Auflage oder Verbote, nicht rechtswidrig sein. Sie sind jedoch dann rechtswidrig, wenn die Traktoren ein grünes Kennzeichen haben, denn dann dürfen sie nur zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken eingesetzt werden. Wenn sie zweckfremd [und das ist selbst bei einer angezeigten Demonstration ohne Auflagen so] genutzt werden, verlieren sie ihre Steuerbefreiung und müssen die reguläre Kfz-Steuer zahlen. Das kann eine Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld nach sich ziehen. Selbstredend, dass wilde Blockaden die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden und als Nötigung gesehen werden können. Ob solche Blockaden hierbei, als verwerflich zu sehen und als sittlich zu missbilligen sind, ist eine Frage der Einzelfallbewertung. Der Bauernverband scheint dies vorwegzunehmen, indem er sich von den wilden Blockaden distanziert. Um die Frage des Steuerrechts kommen sie jedoch nicht umhin. Selbst wenn ein RP hier zunächst Nachsicht walten lässt, wird es nicht verhindern, dass jedermann sein Smartphone zücken kann, um die Kfz-Kennzeichen zu photographieren und Vergeltung auszuüben, dass man morgens um 5 Uhr lauthupend aus dem Schlaf gerissen wurde.